Zu diskutieren ist auch das Verfahren zum Lohnniveauschutz – Hermann Engler
5036 Oberentfelden, 8. Dezember 2018
Aargauer Zeitung
leserbriefe@azag.ch
Leserbreif
Zu diskutieren ist auch das Verfahren zum Lohnniveauschutz
Mit seinem Entscheid, zum Rahmenabkommen mit der EU weder Ja noch Nein zu sagen, sondern darüber zunächst ein breites Konsultationsverfahren durchzuführen, haben die unter sich uneinigen Bundesräte den ihnen bestmöglichen Entscheid getroffen. Im Rahmen dieses Konsultationsverfahrens sollten nun auch die Gewerkschaften ihre Karten offen legen und detailliert aufzeigen, weshalb sie die Forderungen der EU vehement ablehnen. Soweit ich das als langjähriges Gewerkschafts- und SP-Mitglied beurteilen kann, haben weder die EU noch die freisinnigen Bundesräte etwas dagegen, dass das hohe schweizerische Lohnniveau durch flankierende Massnahmen geschützt wird. Die EU hat ja selbst derartige länderspezifische Lohnschutzmassnahmen und ist daran, diese zu verbessern und auszubauen. Dass die hohen schweizerischen Löhne geschützt werden, liegt ja auch im Interesse der benachbarten EU-Mitgliedstaaten, deren Gewerbe wegen der hohen Schweizer Löhne (=Kosten) die Konkurrenz aus der Schweiz weniger befürchten muss. Man kann daher davon ausgehen, dass die EU die hohen schweizerischen Mindestlöhne im eigenen Interesse akzeptieren würde. Nicht einverstanden ist die EU dagegen mit dem zum Lohnschutz angewandten Melde- und Kontrollverfahren. Sie geht davon aus, dass das hohe schweizerische Lohnniveau mit etwas moderneren, effizienteren und weniger zeitraubenden Verfahren ebenso wirksam geschützt werden könnte wie mit dem heutigen Verfahren. Die EU verlangt daher, dass die Meldefrist von acht auf vier Tage verkürzt, die Anzahl Kontrollen reduziert und nur noch von problematischen Firmen Bussendepots erhoben werden. – Ist es tatsächlich absolut unmöglich, diese Forderungen zu erfüllen ohne die Wirksamkeit des Lohnschutzes zu reduzieren? – Man müsste dazu vielleicht das schon etwas in die Jahre gekommenen Prüfverfahren modernisieren. – Vielleicht hätten die Gewerkschaften eine ihnen besser passende Lösung erreicht oder zu ihren Gunsten Zugeständnisse einhandeln können, wenn sie das Gespräch darüber nicht zum vornherein verweigert hätten. Wer stur an der bisherigen Vorgehensweise festhält und die Prüfung von im Vergleich zu heute gleich wirksamen, aber effizienteren Lohnschutzmassnahmen ablehnt, dem geht es nicht primär um Lohnniveauschutz, sondern um Protektionismus.
Hermann Engler
Schweizergasse 1
5036 Oberentfelden
Tel. 062 723 39 65
hermann.engler@hispeed.ch
keine Kommentare