AOP-IGP: Schutz traditioneller Spezialitäten in der Schweiz und in Europa

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Interview mit Benedikt Würth, Ständerat St. Gallen & Präsident der Vereinigung AOP-IGP.

Was verbirgt sich hinter den Abkürzungen AOP und IGP?

Produkte mit einer AOP («appellation d’origine protégée») oder IGP («indication géographique protégée») sind traditionelle Spezialitäten, die eine starke Verbindung zu ihrer Ursprungsregion haben. Sie werden seit Generationen mit viel Herzblut von Käser:innen, Bäcker:innen, Metzger:innen, Destillateur:innen und weiteren Handwerker:innen hergestellt. Bei Produkten mit einer AOP kommt vom Rohstoff zur Verarbeitung bis zum Endprodukt alles aus einer klar definierten Ursprungsregion. Spezialitäten mit einer IGP werden im Herkunftsort entweder erzeugt, verarbeitet oder veredelt.

Was sehen Sie für Vorteile beim Schutz traditioneller Lebensmittel in Europa?

Grundsätzlich ermöglicht der Schutz die Vermeidung vor Nachahmung und Täuschung. Hinzu kommt die Sicherung des Fortbestands des kulinarisch-kulturellen Erbes. Aber auch die Erweiterung der Schutzwirkung ist von Bedeutung, da diese nicht an der Landesgrenze aufhört. Für die Branchen und Konsument:innen ist es entscheidend, dass der Schutz auch in Europa und weltweit wirkt.

Gibt es unverhoffte Nebeneffekte?

Die Registrierung einzelner Produktappellationen kann schon gelegentlich zu juristischen Konflikten führen, da durch die Migration Know-How und Produktbezeichnungen ihre Ursprungsgebiete verlassen haben. Kompromiss-Lösungen können aber meistens gefunden werden, wie im Fall des Gruyère AOP aus der Schweiz und des Gruyère IGP aus Frankreich.

Die Schweiz arbeitet bei der Vergabe der Label AOP-IGP eng mit der Europäischen Union (EU) zusammen. Wie gestaltet sich diese Zusammenarbeit?

Zuerst einmal muss erwähnt werden, dass wir bei AOP-IGP nicht von einem Label sprechen, sondern vielmehr einem Qualitätszeichen. Das schweizerische AOP-IGP System war von Beginn an europakompatibel ausgelegt worden. Nebst bilateralen und multilateralen Abkommen zwischen einzelnen Staaten stellt auf internationaler Ebene das Abkommen der Welthandelsorganisation (WTO) über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums («TRIPS-Abkommen») das wichtigste Regelwerk zum Schutz von geografischen Bezeichnungen dar.

Wie sehen Sie die zukünftige Zusammenarbeit mit der EU auf der Ebene der Zertifizierung von traditionellen Lebensmitteln?

In Anbetracht der unterschiedlichen Vorstellungen und Wahrnehmungen eines Begriffs – zu denken ist beispielweise an die Auseinandersetzungen um den Gruyère in den USA – ist eine wirkungsvolle Zusammenarbeit innerhalb und mit der EU unabdingbar. Dabei können die Sortenorganisationen und Zertifizierungsstellen auf die Unterstützung der Organisation für ein internationales Netzwerk für geografische Angaben oriGIn zählen, die auf internationaler Ebene das Interesse aller AOP-Sortenorganisationen aus der ganzen Welt vertritt.