«Creative Europe» und die Förderung der Kulturbranche

movie-g9b002fe2f_1920
Interview mit Laurent Steiert, stellvertretender Direktor der Sektion Film im Bundesamt für Kultur.

Was genau ist das Rahmenprogramm «Creative Europe» und was sind dessen Ziele?

«Kreatives Europa 2021-2027» ist das Rahmenprogramm der Europäischen Union (EU) zur Förderung der audiovisuellen und kulturellen Branche. Dieses Rahmenprogramm besteht aus den beiden Unterprogrammen «MEDIA» (Film und audiovisuelle Medien) und «Kultur» (Kulturförderungsmassnahmen) sowie einem «Aktionsprogramm» mit transversalen Fördermassnahmen. Das Programm «Kreatives Europa 2021-2027» wird von der EU mit einem Gesamtbudget von 2.5 Milliarden Euro veranschlagt. Die Hauptziele sind gemäss EU folgende: 1) Wahrung, Entwicklung und Förderung der europäischen kulturellen und sprachlichen Vielfalt und des europäischen Kultur- und Spracherbes; 2) Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und des wirtschaftlichen Potenzials des Kultur- und Kreativsektors, insbesondere des audiovisuellen Sektors.

Die Schweiz war Teilnehmerin des Vorgängerprogramms (MEDIA – zur Förderung der europäischen Film- und audiovisuellen Medienindustrie), wurde jedoch vom neuen Rahmenprogramm ausgeschlossen. Wie hat sich dies auf die Kulturförderung in der Schweiz ausgewirkt und welche Ausgleichsmassnahmen haben die Behörden entwickelt?

Seit 2014 kompensiert der Bund mit nationalen Ersatzmassnahmen die finanziellen Nachteile aus der Nichtteilnahme der Schweiz an diesem EU-Programm. Jährlich fliessen rund 5 Millionen Franken aus dem Budget des Bundesamtes für Kultur an Schweizer Projekte mit europäischer Beteiligung. Diese Ersatzmassnahmen unterstützen Schweizer Projekte mit europäischem beziehungweise. internationalem Potenzial. Zu den geförderten Organisationen gehören neben Schweizer Filmproduktionen auch Filmfestivals, Filmverleihunternehmen, Weiterbildungsprogramme und Vermittlungsinstitutionen in der Schweiz. Finanziell konnte der Wegfall der Schweiz aus dem MEDIA Programm grösstenteils kompensiert werden. Nur bedingt ersetzt konnten die weggefallenen Netzwerke, die durch die Teilnahme an diesen europäischen Programmen entstanden sind.

Die Schweiz beteiligt sich am Filmförderungsfonds «Eurimages» des Europarates. Was ist der Nutzen des Fonds für die Schweiz und wie werden die von diesem Programm geförderten Filmkoproduktionen koordiniert?

Eurimages unterstützt im Gegensatz zu «Creative Europe» die Herstellung von Filmen. Die Finanzierung dieser Herstellungskosten ist für die Fertigstellung von europäischen Koproduktionen mit Schweizer Beteiligung häufig entscheidend. Die Nutzen sind doppelt: Einerseits kann eine Produktion finanziell unterstützt werden. Andererseits ist die Finanzierung über Eurimages auch ein Qualitätslabel, das einem Film eine bessere Visibilität im Ausland geben kann. Eurimages unterstützt neben der Produktion von Filmen auch Schweizer Kinos für die Austrahlung von europäischen Filmen. Schweizer Produktionsfirmen können drei Mal pro Jahr Gesuche direkt an das Sekretariat in Strassburg stellen. Die Projekte werden von europäischen Expertinnen und Experten evaluiert.

Die Schweiz stimmte 2022 für die Einführung eines Filmgesetzes. Inwiefern führt dieses Gesetz zu einer Steigerung von Schweizer Filmproduktionen, beziehungsweise von internationalen Produktionen, an denen die Schweiz beteiligt ist?

Die Einführung der Investitionspflicht für in- und ausländische Streamingdienste und TV-Veranstaltern in das Schweizer Filmschaffen wird voraussichtlich zu einer Steigerung von Filmproduktionen führen, die bisher nicht von der öffentlichen Hand finanziert wurden. Dazu gehören in erster Linie Serienformate. Es ist davon auszugehen, dass diese Formate auch international mit der Schweiz koproduziert werden.

Wie sehen Sie die Zukunft der Kulturförderung in der Schweiz und ihre Integration in die europäische Kulturförderung?

Die Teilnahme der Schweiz an den EU-Kulturprogrammen bleibt immer noch ein mittelfristiges Ziel. Die aktuellen Entwicklungen der Europapolitik werden einen Einfluss auf die Teilnahmemöglichkeiten an diesen Programme haben.

LaurentSteiert
20.04.2023

Laurent Steiert

Stellvertretender Leiter der Sektion Film im Bundesamt für Kultur