Das europäische Satelliten-Programm IRIS2

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Fragen an die Generaldirektion für Verteidigungsindustrie und Raumfahrt der Europäischen Kommission.

Was sind die Ziele des europäischen Satelliten-Programms IRIS2?

IRIS2 steht für Infrastruktur für Resilienz, Interkonnektivität und Sicherheit durch Satelliten. Wie der Name schon sagt, handelt es sich um ein neues Satellitensystem, das eine sicherere und schnellere Netzabdeckung für europäische Regierungen und kommerzielle Nutzer bieten wird. Es wird in erster Linie von Regierungen genutzt werden, um den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) einen garantierten Zugang zu einer hochsicheren und autonomen Verbindung zu ermöglichen.

Das Programm für Satellitenkonnektivität wird den operativen Bedarf der europäischen Länder decken und sichere Satellitenkommunikationsdienste für den Schutz kritischer Infrastrukturen, Überwachung, auswärtige Einsätze und Krisenmanagement bereitstellen. Der zweite Teil des Programms betrifft die Entwicklung neuer kommerzieller Dienste, die von privaten Akteuren betrieben werden, um die europäische Abdeckung mit Satellitenverbindungen in sogennannten weissen Zonen sicherzustellen, d.h.Gebieten ohne bzw. mit langsamen Internetanschluss.

Das längerfristige Ziel des Programms IRIS² ist aufgrund seiner über die EU hinausgehenden Abdeckung mit Satellitenverbindungen auch geopolitischer Natur. Das Programm wird insbesondere in Afrika eine wichtige Rolle spielen, wo lokale Betreiber auf das IRIS²-Weltraumsystem zurückgreifen werden können, um neue kommerzielle Satellitenverbindungsdienste in Gebieten mit geringer Bandbreite zu entwickeln.

Welchen Nutzen hat dieses neue Satellitensystem für die europäischen Bürger:innen?

Angesichts der Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft und der zunehmenden Cyberbedrohungen ist eine sichere und autonome Verbindung für die EU und ihre Bürger:innen unerlässlich.

Die kommerzielle Komponente von IRIS² zielt insbesondere auf die Bereitstellung eines satellitengestützten Breitbandzugangs zur Abdeckung weisser Zonen ab, wodurch die digitalen Ungleichheiten in Europa verringert werden sollen. Es handelt sich sozusagen um einen universellen Verbindungsdienst für die entlegensten Orte Europas. Das System wird auch die Entwicklung von Verbraucheranwendungen ermöglichen, darunter mobiler und fester Breitbandzugang über Satellit, eine Satellitenverbindung für B2B-Dienste (Anm. d. Ü.: Business-to-Business, Unternehmen, die sich an andere Unternehmen wenden, um Produkte oder Dienstleistungen zu bewerben und zu verkaufen), Satellitenzugang für den Transport, verstärkte Satellitennetze, Breitband über Satellit und cloudbasierte Dienste.

Die Regierungskomponente wird durch die Bereitstellung einer sicheren und leistungsfähigeren Verbindung für nationale und lokale Regierungen direkt der Sicherheit der europäischen Bürger:innen zugutekommen.

Was ist der Unterschied zwischen IRIS2 und den beiden europäischen Raumfahrtprogrammen Galileo und Copernicus?

IRIS² wird in gewisser Weise die dritte unverzichtbare Säule sein neben Gaileo und Copernicus, ohne mit diesen vergleichbar zu sein, was die bereitgestellten Dienste anbelangt.

Galileo hatte zuvor Europa autonom gemacht, was die Satellitennavigationsdienste betrifft, und Copernicus im Bezug auf die Erdbeobachtung. IRIS² wird nun das Angebot an europäischen Weltraumdiensten und die europäische Autonomie im Bereich der Konnektivität vervollständigen: eine wesentliche Weltraumfähigkeit, bei der Europa bisher noch nicht autonom war.

Die Besonderheit des Programms liegt in den zahlreichen technologischen Innovationen, die von Anfang an in seine Konzeption integriert werden und sowohl von etablierten Akteuren der Raumfahrtindustrie als auch aus dem disruptiven Ökosystem „New Space“ stammen werden. (Anm. d. Red: Ein disruptives Unternehmen ist ein Unternehmen, dessen Innovation und Kreativität die Paradigmen eines Bereichs verändert, «New Space» ist der Name des neuen Ökosystems in der Raumfahrt). IRIS² wird neue europäische Raumfahrtakteure dazu ermutigen, eigenständige Dienstleistungen zu entwickeln und ihre eigenen Verträge abzuschliessen, indem die Regeln des öffentlichen Auftragswesens an die Besonderheiten von Start-ups und KMU angepasst werden.

Im Gegensatz zu den beiden vorherigen Konstellationen Copernicus und Galileo besteht IRIS² aus einer Konstellation in mehreren Orbits, die eine modulare und vielseitigere Bereitstellung von Weltraumdiensten ermöglicht. Der inkrementelle Ansatz von IRIS² bietet das Potenzial, sich an zukünftige Bedürfnisse anzupassen.

Das Programm, das von Anfang an auf Sicherheit ausgerichtet ist, wird einen neuen Ansatz für die Cybersicherheit von Weltrauminfrastrukturen bieten. Es wird sich insbesondere auf die Nutzung der Quantenverschlüsselung über die Europäische Quantenkommunikationsinfrastruktur (EuroQCI) stützen, die den Nutzerinnen und Nutzern ein nie dagewesenes Mass an Sicherheit bietet.

Wie wird das Problem der Weltraumverschmutzung durch Weltraummüll im IRIS2-Programm angegangen?

Das Programm achtet auf Fragen der Verschmutzung und der Überlastung des Weltraums. Nachhaltigkeitskriterien werden bereits bei der Gestaltung der Konstellation berücksichtigt. Wie bei den anderen souveränen europäischen Konstellationen ist bereits bei der Konzeption der Nutzlast ein Plan für die Deorbitalisierung und den Abbau der Satelliten vorgesehen.

Schliesslich schlägt das IRIS²-Programm eine multiorbitale Konstellation vor, die weniger Satelliten für eine gleichwertige Bereitstellung von Diensten erfordert.

23.02.2023

Generaldirektion für Verteidigungsindustrie und Raumfahrt der Europäischen Kommission