Geschichte der Europäischen Union

Gemeinsame Verträge, um Frieden und Wohlstand in Europa dauerhaft zu sichern.

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Die Europäische Union, ein einzigartiges Friedensprojekt

Die Europäische Union ist eine einzigartige Konstruktion: Sie ist ein wirtschaftlicher und politischer Zusammenschluss demokratischer europäischer Staaten, die sich die Wahrung des Friedens und das Streben nach Wohlstand als oberstes Ziel gesetzt haben. Ihre Geschichte ist von Prozessen der Vertiefung und Erweiterung gekennzeichnet. Seit der Gründung der ersten europäischen Gemeinschaft 1951 haben sich Strukturen, Aufgaben und Mitgliederzahl kontinuierlich verändert.

Frieden, Stabilität und Wohlstand

Nach dem Ende des schrecklichen Weltkrieges sehnte man sich in Europa nach Frieden, Stabilität und Wohlstand. Ein solcher Krieg sollte sich nie mehr wiederholen können. Dazu musste insbesondere die kriegerische Vergangenheit zwischen Deutschland und Frankreich ein für alle Mal beendet werden und man wollte sicherstellen, dass kein einzelnes Land mehr in Zukunft Kriegswaffen herstellen kann, um sie gegen ein anderes Land zu richten.

Der Schuman-Plan

Robert Schumann, der damalige französische Aussenminister, schlug eine Verflechtung der kriegswichtigen Kohle- und Stahlindustrie vor, um militärische Konflikte in Zukunft zu verhindern und den Wohlstand zu verbessern.

Auf der Grundlage dieses sogenannten Schuman-Plans gründeten Deutschland, Frankreich, Italien, Belgien und die Niederlande 1951 die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS), die der Grundstein der heutigen Europäischen Union bildet.

EU-Pionier:innen

Neben Robert Schumann gehörten verschiedene Persönlichkeiten zu den Vordenker:innen für ein geeintes Europa in Frieden und Stabilität. Mehr zu diesen Persönlichkeiten wie Winston Churchill, Altiero Spinelli oder Jean Monnet finden Sie auf der Webseite der Europäischen Union zu den EU-Pionier:innen.

Römische Verträge, EWG und Euratom

Die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) war ein Erfolg. Die sechs Gründungsländer waren deshalb bereit, ihre Zusammenarbeit auf weitere Wirtschaftsbereiche auszudehnen. Sie unterzeichneten am 25. März 1957 die Römischen Verträge und gründeten die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) sowie die Europäische Atomgemeinschaft (Euratom).

Die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft

Mit der EWG wurde ein gemeinsamer Markt auf der Grundlage des freien Verkehrs von Gütern, Personen, Dienstleistungen und Kapital geschaffen. Die Unterzeichnerstaaten einigten sich unter anderem darauf:

  • Die Basis für einen „immer engeren Zusammenschluss“ der europäischen Völker zu schaffen;
  • Den wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt sicherzustellen, indem Handelsbarrieren und sonstige Hindernisse abgebaut werden;
  • Die Lebens- und Arbeitsbedingungen ihrer Bürger zu verbessern;
  • Ihre Ressourcen zur Erhaltung und Stärkung des Friedens und der Freiheit zusammenzuführen und andere Völker in Europa, die dieses Ideal teilen, aufzufordern, sich diesen Bemühungen anzuschliessen.

Mit dem gemeinsamen Markt entstand die Zollunion (keine Zollgebühren und Quoten zwischen den Unterzeichnerstaaten mehr) und neue Institutionen wie der Ministerrat, die Kommission, die Parlamentarische Versammlung (heutiges EU-Parlament) und der Gerichtshof wurden ins Leben gerufen.

Die Europäische Atomgemeinschaft (Euratom)

Die Euratom wurde geschaffen, um Forschungsprogramme im Hinblick auf die friedliche Nutzung von Kernenergie zu koordinieren. In den 1950er Jahren bestand ein allgemeiner Mangel an herkömmlichen Energieträgern. In der Kernenergie sahen die sechs Unterzeichnerstaaten eine Chance auf Unabhängigkeit in der Energieversorgung. Da die Investitionskosten im Bereich der Kernenergie die Möglichkeiten einzelner Staaten überschritten, schlossen sich die Gründerstaaten zusammen und gründeten die Euratom.

Die Euratom verfolgte unter anderem folgende Aufgaben:

  • Die Forschung zu entwickeln und die Verbreitung der technischen Kenntnisse sicherzustellen;
  • Einheitliche Sicherheitsnormen für den Gesundheitsschutz der Bevölkerung und der Arbeitskräfte aufzustellen und für ihre Anwendung zu sorgen;
  • Die Investitionen zu erleichtern und die Schaffung der wesentlichen Anlagen sicherzustellen, die für die Entwicklung der Kernenergie in der EU notwendig sind;
  • Zu gewährleisten, dass ziviles Kernmaterial nicht für andere (insbesondere militärische) Zwecke abgezweigt wird.

Auch heute kümmert sich die Euratom um die Versorgungssicherheit im Rahmen einer zentralen Überwachung.

Europäischen Gemeinschaften

Die Europäische Gemeinschaft

In den 1960er Jahren tat sich so einiges in Europa. Die Wirtschaft florierte (unter anderem Dank der EWG), die Europäische Freihandelsassoziation (EFTA) wird gegründet, die erste gemeinsame Agrarpolitik wird etabliert, die Berliner Mauer wird gebaut und 1965 werden die EGKS, die EWG und die Euratom in einem sogenannten Fusionsvertrag zur Europäischen Gemeinschaft (EG) zusammengeschlossen.

Der Fusionsvertrag besiegelt die Zusammenlegung der Exekutivorgane der drei bisherigen, separaten Gemeinschaften und trat am 1. Juli 1967 in Kraft. Ab dann verfügten die Europäischen Gemeinschaften über eine einzige Verwaltung (die Kommission) und eine einzige Exekutive (den Rat).

In den 1970er Jahren wächst die Gemeinschaft. Dänemark, Irland und Grossbritannien treten 1973 der EG bei, die damit auf neun Mitglieder erweitert wird. In Portugal, Spanien und Griechenland werden die Diktaturen gestürzt. Die drei Länder transformieren sich zu Demokratien und legen damit die Grundvoraussetzung für den Beitritt in die Europäische Gemeinschaft in den 1980er Jahren.

Die Einheitliche Europäische Akte

Die Zollunion war zwar bereits etabliert, doch der Handel zwischen den Ländern floss bis anhin noch nicht richtig frei. Insbesondere, wegen unterschiedlichen nationalen Rechtsvorschriften. Mit der Einheitlichen Europäischen Akte wird 1986 deshalb ein breit angelegtes 6-Jahres-Programm eingeleitet, das die Unterschiede abbauen und den gemeinsamen Binnenmarkt stärken soll. Am 1. Januar 1993 folgt dann der offizielle Startschuss für den Binnenmarkt mit freiem Waren-, Dienstleistungs-, Personen- und Kapitalverkehr.

Gründung und Weiterentwicklung der Europäische Union

Die Europäische Union

Mit dem Fall der Berliner Mauer 1989 ändert sich die Lage in Europa nochmals komplett. Die kommunistischen Regime in Ost- und Mitteleuropa brechen zusammen und 1991 zerfällt auch Jugoslawien. In diesem Europa des Wandels wird 1992 in den Niederlanden der Vertrag von Maastricht unterzeichnet. Mit seinem Inkrafttreten wird am 1. November 1993 die Europäische Union (EU) gegründet. Der Vertrag von Maastricht ist ein Meilenstein in der Geschichte der EU und er legt auch die Vorschriften für die künftige gemeinsame Währung sowie für die Aussen- und Sicherheitspolitik fest. 1995 treten Finnland, Schweden und Österreich der EU bei, die nunmehr bereits 15 Mitgliedstaaten zählt.

Der Euro und die Osterweiterung

Mit dem Vertrag von Amsterdam werden 1997 Vorhaben zur Reform der EU-Organe, zur Stärkung der Stellung Europas in der Welt und zur Förderung der Beschäftigung und Bürger:innenrechte definiert. Der Vertrag trat 1999 in Kraft, im selben Jahr wie der Euro als Buchwährung in den ersten 11 Ländern eingeführt wird.

2001 unterzeichnen die Staats- und Regierungschefs der EU den Vertrag von Nizza, der die EU-Organe so reformieren soll, dass die EU effizient funktionieren kann und bereit ist für die Aufnahme von weiteren Mitgliedstaaten.

Mit der sogenannten Osterweiterung treten 2004 gleich 10 neue Mitgliedstaaten der EU bei: Estland, Lettland, Litauen, Polen, die Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn. Damit scheint die Spaltung Europas endgültig überwunden zu sein. Im Jahr 2007 treten auch Bulgarien und Rumänien der EU bei. Die EU ist auf 27 Mitgliedstaaten angewachsen.

Vertrag von Lissabon

Der Vertrag von Lissabon und die Charta der Grundrechte

2007 unterzeichnen die 27 EU-Mitgliedstaaten den Vertrag von Lissabon, mit dem die früheren Verträge geändert werden. Die grundlegende Reform sollte die EU demokratischer, effizienter und transparenter machen. Die EU sollte sich für globale Herausforderungen wie Klimawandel, Sicherheit und nachhaltige Entwicklung wappnen. Im selben Jahr trat auch die Charta der Grundrechte in Kraft.

Mit dem Vertrag von Lissabon wurde insbesondere das Europäische Parlament gestärkt, das seit 1979 direkt von den europäischen Bürger:innen gewählt wird. Das Parlament kann fortan den Präsidenten/die Präsidentin der Kommission ernennen und erhält im Gesetzgebungsverfahren mehr Rechte und Mitentscheidungsmöglichkeiten.

2010 bis 2020 – ein herausforderndes Jahrzehnt für die EU

Die EU im Krisenmodus

Seit 2008 eine weltweite Finanzkrise ausgebrochen ist, gerieten auch in Europa mehrere öffentliche Haushalte unter Druck. Die 16 Länder des Euro-Währungsraums vereinbarten ein Programm, das sie bei der Bewältigung ihrer Haushaltsdefizite unterstützen sollte.

Im Jahr 2013 tritt Kroatien als 28. Mitgliedstaat der EU bei. Nur drei Jahre später wird in Grossbritannien aber über ein Referendum abgestimmt und 52% der britischen Wähler:innen sprechen sich für den Austritt Grossbritanniens aus der EU aus (Brexit). Das Vereinigte Königreich verlässt die EU per 1. Januar 2020.

Daneben erschüttern Europa in diesem Jahrzehnt mehrere Terroranschläge – darunter Paris, Brüssel, Nizza, Berlin, London und Barcelona. Und 2015 stellen mehr als 1 Million Asylsuchende Europa vor grosse Herausforderungen. Es ist eine Flüchtlingskrise, wie sie die europäischen Staaten vorher nicht gekannt haben.

Schliesslich bricht mit dem Covid-19-Virus eine weltweite Pandemie aus, was eine Krise des öffentlichen Gesundheitswesens und eine Wirtschaftsflaute auslöst und mit #NextGenerationEU zum bislang grössten Konjunkturpakte in der Geschichte der EU führt.

Konferenz zur Zukunft Europas und der russische Angriff auf die Ukraine

Konferenz zur Zukunft Europas

Im April 2021 startete die ein Jahr dauernde Konferenz zur Zukunft Europas. Sie war die erste Konferenz dieser Art und gab Menschen in ganz Europa die Gelegenheit, ihre Ideen und Vorschläge in die Diskussion über die gemeinsame Zukunft einzubringen. Dies geschah unter anderem über eine mehrsprachige Online-Plattform, auf der Ideen ausgetauscht werden konnten, und durch nationale sowie europäische Bürger:innenforen, die den direkten Austausch darüber ermöglichten, in was für einem Europa sie künftig leben möchten.

Mit über 5 Millionen Plattform-Besucher:innen und über 700’000 Teilnehmenden an den Bürger:innenforen war die Konferenz über die Zukunft Europas ein Erfolg und eine beispiellose Übung in partizipativer Demokratie. Die gesammelten Beiträge wurden anschliessend in der Plenarversammlung der Konferenz besprochen und thematisch geordnet.

Die Plenarversammlung legte dem Exekutivausschuss schliesslich mehrere Vorschläge vor und dieser verfasste daraus einen Abschlussbericht mit insgesamt 49 Empfehlungen an Parlament, Rat und Kommission. Diese Vorschläge haben neun Themenbereiche betroffen: Klimawandel und Umwelt; Gesundheit; eine stärkere Wirtschaft, soziale Gerechtigkeit und Beschäftigung; die EU in der Welt; Werte und Rechte, Rechtsstaatlichkeit, Sicherheit; digitaler Wandel; Demokratie in Europa; Migration; Bildung, Kultur, Jugend und Sport. Die Vorschläge enthalten allgemeine Ziele und über 300 konkrete Aufträge für die EU-Organe.

Russischer Angriff gegen die Ukraine

Am 24. Februar 2022 marschierte Russland in die Ukraine ein und löste einen bewaffneten Konflikt aus. Damit ist der Krieg erneut nach Europa zurückgekehrt. Russland greift damit nicht nur einen souveränen Staat, sondern ganz Europa und seine Werte und Prinzipien an. Die EU und ihre Partner verurteilen den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russland aufs Schärfste. Die EU verhängte nur kurze Zeit später eine Reihe von Sanktionen gegen Russland und bewies damit, dass sie rasch und geeint handeln kann. Die Ukraine wird finanziell, humanitär, militärisch und anderweitig unterstützt.

Die durch nichts gerechtfertigte Aggression gegen die Ukraine zeigt uns, dass wir unsere Demokratien widerstandsfähiger machen müssen und dass wir unsere Werte immer wieder aufs Neue verteidigen müssen. Der Krieg in der Ukraine hat starke Auswirkungen auf die europäische Sicherheitsarchitektur. Die europäische Sicherheit und Verteidigung haben sich innerhalb weniger Monate stärker entwickelt als in den zwei Jahrzehnten zuvor und beispielsweise auch die NATO ist wieder attraktiver geworden (Finnland und Schweden wollen beitreten).

Der Krieg hat aber auch massive Auswirkungen auf die Energie- und Versorgungssicherheit in Europa. Die Unabhängigkeit von russischem Gas, Öl und Kohle ist zum gemeinsamen Ziel der Mitgliedstaaten geworden. Obwohl sich die Voraussetzungen der Mitgliedstaaten unterscheiden, bringt der Krieg sie näher zusammen. Sie werden erstmals ihre kollektive Verhandlungsmacht nutzen, um beispielsweise anderweitig Gas zu beschaffen.

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