Staatssekretär Alexandre Fasel nutzte diesen Anlass, um den Zuhörer:innen aufzuzeigen, wie sich das Verhältnis der Schweiz nach dem 2. Weltkriegt in Nachkriegseuropa entwickelte. Bereits 1948 äusserte der Bundesrat sein Bestreben alles daran zu setzen, dass die Schweiz nicht vom europäischen Wirtschaftsraum entkoppelt wird. Das gilt bis heute als Konstante der Europapolitik des Bundesrat.
Mit der Gründung des Europarats 1949 verband der Bundesrat die Hoffnung, dass Europa sich zu einer grossen Freihandelszone entwickeln würde. Bald danach zeigte sich, dass die grossen Wirtschaftsmächte von Festlandeuropa eine engere Kooperation eingehen möchten. Anfänglich als Montanunion gegründet und danach als Europäische Wirtschaftsgemeinschaft fortgesetzt. Worauf sich die Schweiz mit den nordischen Staaten, Finnland, Schweden, Dänemark, Norwegen sowie mit Grossbritannien, Irland und Österreich zu einem Freihandelsraum zusammenfand. 1972 traten Grossbritannien, Irland und Dänemark der Europäische Wirtschaftsgemeinschaft bei. Worauf die Schweiz mit der damaligen Europäische Wirtschaftsgemeinschaft ein Freihandelsabkommen vereinbarte.
1984 begannen mit der Luxemburg-Erklärung die Verhandlungen zur Bildung eines gesamteuropäischen Wirtschaftsraums. Mit dem Weissbuch Delors (1985) wurde der Grundstein zur Umwandlung der Europäische Wirtschaftsgemeinschaft zur EU gelegt, was 1993 mit den Maastrichter-Verträgen vollzogen wurde. Nach 1985 erweiterte sich die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft um die südeuropäischen Staaten Portugal, Spanien und Griechenland. In seinem Bericht von 1988 zum Verhältnis zur Europäische Wirtschaftsgemeinschaft schrieb der Bundesrat sinngemäss: «Falls die Schweiz nicht mehr mitwirken kann, ist ein Beitritt zu überlegen».
Danach beschlossen 1990 Österreich, 1991 Schweden und schliesslich 1992 Finnland sich der EU anzuschliessen. Inzwischen hat sich die EU nochmals um die baltischen und die Visegrád-Staaten, sowie um Zypern, Malta und einen Teil der Balkan-Staaten erweitert. (Anmerkung des Autors)
Nach der Ablehnung des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR, 1992) gelang es schliesslich der Schweiz mit den Bilateralen I (1999) und den Bilateral II (2004) die Schweiz vor einer drohende Abkoppelung vom europäischen Wirtschaftsraum zu bewahren. Das praktisch fertig ausgehandelte institutionelle Rahmenabkommen zog der Bundesrat 2021 zurück, bzw. er brach die Verhandlungen mit der EU ab. Unter anderem da er intern zum Schluss kam, dass ein fester Rahmen zu wenig Flexibilät beim Anpassen der einzelnen Dossiers zulasse.
In den Sondierungsgesprächen der letzten Jahre legte die Schweiz der EU den Vorschlag eines Paketansatzes vor, der es erlaubt im Einzelnen massgeschneiderte Verträge auszuhandeln und sich laufend den technischen und politischen Gegebenheiten anpassen lassen.
Fasel: Vorteil des jetzigen Ansatzes ist es, dass sich damit für einzelnen Vereinbarungen angepasste und massgeschneiderte Lösungen erzielen lassen.
Wahrscheinlich hat da auch die aktuelle geopolitische Lage einen Einfluss gehabt. Die EU wünscht sich ruhige und geregelte Verhältnisse in Europa. Mit dem sektorielle Ansatz lässt sich gezielt und problemorientiert vorgehen.
Etwas davon ist noch zu spüren. Doch das Vertrauen seitens der EU scheint sich wieder einzustellen. Der Bundesrat hat danach konsequent für Transparenz gesorgt und man kann sich jetzt konkret auf Sachthemen konzentrieren.
Wenn sich die beidenVertragsparteien im Gemischten Ausschussnicht zu einer Einigung durchringen können, dann wird ein Schiedsgericht, nach der international anerkannten Haager Streitbeilegungskonvention von 1899, eingesetzt. Jede Partei ernennt für die Streitbeilegung eine Vertrauensperson. Beide ernennen gemeinsam eine dritte Person, die das Vertrauen beider Parteien geniesst. Nur im Falle, dass EU-Recht für die Behandlung des Streitfalls relevant ist, wird der EuGH um seine Auslegung des entsprechenden Rechts angefragt. Das Schiedsgericht fällt aufgrund der Auslegung des EuGH eine Entscheidung und nicht der EuGH.
Beides muss parallel erfolgen. Der Bundesrat hat damit die Departemente beauftragt auf allfällige Ungereimtheiten oder Vorbehalte hinzuweisen
Bemerkung von Nationalrat Fabian Molina, Präsident der Sektion Zürich der Europäischen Bewegung Schweiz: Es geht darum den Verhandlungsrahmen so zu gestalten, dass die Ziele erreichbar werden. Damit sollte der innenpolitische Widerstand möglichst einfach kompensiert werden können.
Diese Debatten führt die Politik und nicht wir von der Administration und es ist Aufgabe der Politik die Leute von den Vorteilen dieser Verträge zu überzeugen.
Zeitdruck ist ein schlechter Ratgeber. Es wird so lange verhandelt, bis ein solides Ergebnis vorliegt. Natürlich möchte der Bundesrat möglichst rasch vorankommen. Falls keine unerwarteten Komplikationen auftreten, kann mit einem Abschluss Anfang 2025 gerechnet werden, doch eine Prognose lässt sich nicht machen.
Der Bundesrat macht einen Vorschlag, der Entscheid liegt bei den eidgenössischen Räten.