Interview mit Sara Dalledonne zum Satellitenprogramm IRIS2

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Interview mit Sara Dalledonne (Research Fellow beim European Space Policy Institute) über das Satellitenprogramm IRIS2.

Was sind die Ziele des europäischen Satelliten-Programms IRIS2?

Im Februar 2023 nahm das Europäische Parlament einen Vorschlag für eine Verordnung zur Einrichtung eines weltraumbasierten EU-Programms für sichere Kommunikationsdienste für den Zeitraum 2023-2027 an. Damit soll eine Infrastruktur für Widerstandsfähigkeit, Interkonnektivität und Sicherheit per Satellit (IRIS2) eingerichtet werden. Das neue Programm ist als multiorbitale Satellitenkonstellation konzipiert, die bis 2027 das gesamte Spektrum des Bedarfs an sicheren Kommunikationsdiensten für europäische Regierungen abdecken soll.

Welchen Nutzen hat dieses neue Satellitensystem für die europäischen Bürger:innen?

Das Programm soll die Bereitstellung erschwinglicher Verbindungen in Europa ermöglichen und die sichere Kommunikation über geografische Gebiete von strategischem Interesse, wie Afrika und die Arktis, verbessern. IRIS2 ist ein deutlicher Ausdruck des europäischen Bestrebens, wichtige Kommunikationsdienste zu sichern und die Abhängigkeit von internationalen öffentlichen und privaten Akteuren zu verringern, um auf die äusserst aktuellen Sicherheitsherausforderungen zu reagieren, und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit des bereits bestehenden Marktes zu fördern.

Was ist der Unterschied zwischen IRIS2 und den beiden europäischen Raumfahrtprogrammen Galileo und Copernicus?

Im Gegensatz zu Galileo und Copernicus ist es das erste Mal, dass ein operationelles Element des EU-Raumfahrtprogramms im Kontext eines bereits bestehenden und ausgereiften kommerziellen Marktes eingerichtet wird, wobei europäische Betreiber einen Konnektivitätsmarkt entwickeln und bedienen. IRIS² kann vom Fachwissen und der weltweit anerkannten Exzellenz der europäischen Raumfahrtindustrie im Telekommunikationssektor profitieren, indem es das Know-how der kommerziell gut etablierten Industrieakteure mit der Dynamik eines neu entstehenden Raumfahrt-Ökosystems verbindet.

Wie wird das Problem der Weltraumverschmutzung durch Weltraummüll im IRIS2-Programm angegangen?

IRIS² soll eine souveräne Konstellation für staatliche Dienste umfassen, was eine Reihe strenger Zulassungskriterien und Anforderungen impliziert, die von der EU für die Herstellung und den Betrieb der Konstellation festgelegt werden. Gemäss der Verordnung muss die Konstellation «Nachhaltigkeitskriterien für den Weltraum erfüllen und ein Beispiel für bewährte Praktiken im Bereich des Weltraumverkehrsmanagements (STM) und der Weltraumüberwachung und -verfolgung (SST) sein», z. B. durch Minimierung der Menge von Weltraumschrott.

Verfügt die Europäische Weltraumorganisation (ESA) über die Mittel und die Ambitionen, um mit anderen öffentlichen Raumfahrtbehörden (NASA, CNSA) und privaten Akteuren (SpaceX, Blue Origin) zu konkurrieren?

Die ESA hat an der Ratstagung auf Ministerebene im November 2022 ein neues optionales Programm für die sichere Konnektivität der EU aufgestellt. Die Aufnahme einer zusätzlichen Raumfahrtkomponente in das europäische Portfolio strategischer Raumfahrtinfrastrukturen ist ein klares Zeichen für die Steigerung der Ambitionen Europas im Bereich der Raumfahrt. Das stellt eine neue Herausforderung für die privaten Akteure dar. Sie müssen ihre Fähigkeit unter Beweis stellen, die unternehmerischen Energien für die Entwicklung einer neuen Palette kommerzieller Dienste aus der erdnahen Umlaufbahn auf dieser Infrastruktur zu steigern.

Photo Sara Dalledonne
23.02.2023

Sara Dalledonne

Research Fellow beim European Space Policy Institute